Amici (vorm. Amici delle SVA) fordern nochmals dringend Nachbesserungen, um den Bedürfnissen der sehr heterogenen Gruppe der Selbständigen gerecht zu werden und einen fairen Ausgleich des unverschuldeten Umsatzeinbruchs zu gewährleisten.
Wien, 29.4.2020 – Die Nachbesserungen in Phase 2 des Härtefallfonds werden von der Wirtschaftskammer (WKO) als großer Erfolg verkauft. Dass das Sicherheitsnetz noch immer viel zu großmaschig ist, zeigt vom Unwissen der WKO um die Arbeitsrealitäten der Selbständigen. Knapp 60% der Wirtschaftskammer(zwangs)mitglieder sind Ein-Personen-Unternehmen. Man könnte also davon ausgehen, dass die WKO die Interessen der größten Gruppe ihrer Mitglieder ganz besonders engagiert vertritt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Auch Phase 2 des Härtefallfonds hält nicht, was vollmundig versprochen wurde. Es geht den EPU nicht um Almosen sondern um den Ausgleich ihres Umsatzausfalls, der ihnen zusteht. Die Amici machen sich seit zehn Jahren für EPU, neue Selbständige und freie Dienstnehmer stark und können auf die Erfahrung von mehr als 12.000 Followern auf Facebook zurückgreifen.
Konkret lauten die Forderungen der Amici zur Nachbesserung (hier weiter unten noch ausführlich erläutert):
- Verlängerung der Einreichfrist für den Härtefallfonds bis 31.3.2021
- Ausweitung der Unterstützung auf sechs Monate
- Anträge für bereits abgegebene Zeiträume können wiederholt eingebracht werden unter Anrechnung allfälliger Erledigungen aus dem Erstantrag
- Vergleichszeitraum: Berücksichtigung der Daten aus den Einkommensteuererklärungen von 2017 bis 2019, entweder einzelne Jahr nach Wahl oder Durchrechnungszeitraum
- Das Kriterium, dass das Jahr 2019 veranlagt sein muss, muss fallen. Die Einreichung beim Finanzamt muss als Grundlage reichen.
- Erweiterung der Förderung aus Phase 2 um eine Fixkostenkomponente
- Anlehnung des Berechnungsmodell ans System der Stipendienberechnung
- Übernahme der SV Beiträge für das 2. Quartal 2020 – wie beim Kurzarbeitszeitmodell - durch den Staat
Zeitverzögerte Umsatzeinbrüche durch Coronakrise: Einreichfrist für den Härtefallfonds verlängern
Die Amici begrüßen prinzipiell die Verlängerung der Einreichfrist für den Härtefallfonds. Begrüßenswert ist auch die Möglichkeit, die Monate auszuwählen, für die in dem Zeitraum eingereicht wird. Für die Amici ist jedoch sowohl die Frist mit Mitte September zu knapp als auch die Beschränkung auf drei Monate unzufriedenstellend. Aufträge für den Herbst und Winter 2020/21, die in vielen Branchen normalerweise gerade jetzt im Frühjahr und Frühsommer erfolgen, bleiben durch die der Coronakrise geschuldeten Maßnahmen der Regierung komplett aus. Die Auswirkungen werden viele EPU um einige Monate verzögert spüren, womöglich erst, wenn die aktuell festgesetzte Einreichfrist bereits vorbei ist und es für viele EPU zu spät ist. Die Amici fordern daher eine Ausweitung der Einreichfrist bis zum 31.3.2021.
Unterstützung aus dem Härtefallfonds auf sechs Monate ausweiten
Die Beschränkung der Unterstützung auf drei Monate geht komplett an der Realität vorbei. Viele Branchen, in denen Selbständige tätig sind, sind wesentlich länger von Umsatzausfällen betroffen, und das völlig unverschuldet. Die Amici fordern daher eine Ausweitung des Unterstützungszeitrahmens auf sechs Monate. Deutschland, das in seiner Wirtschaftskraft vergleichbar mit Österreich ist, bietet Selbständigen eine wesentlich höhere finanzielle Unterstützung an.
Fast alle AntragstellerInnen berichten, dass sie deutlich weniger Unterstützung als die kolportierten Euro 2.000,-- pro Monat aus Phase 2 bekommen. Ganz abgesehen davon, dass die Unterstützung aus Phase 1 vom Anspruch aus Phase 2 abgezogen wird, was in der Kommunikation im Vorfeld noch anders dargestellt wurde. Viele sind durch Lücken im Sicherheitsnetz überhaupt nicht anspruchsberechtigt. Es müssten also im Topf des Härtefallfonds Mittel übrigbleiben, die für eine Ausweitung des Bezugsanspruchs auf sechs Monate verwendet werden könnten.
Anträge für bereits abgegebene Zeiträume können wiederholt eingebracht werden unter Anrechnung allfälliger Erledigungen aus dem Erstantrag
Nachdem sich die Förderungsbedingungen nahezu im Wochentakt ändern, herrscht im Bezug auf das Einbringen der Anträge große Verunsicherung. Die Amici fordern, dass man Anträge für bereits abgegebenen Zeiträume wiederholt einbringen kann. Allfällige Erledigung aus dem Erstantrag werden angerechnet.
Vergleichszeitraum: Berücksichtigung der Daten aus den Einkommensteuererklärungen von 2017 bis 2019, entweder einzelne Jahr nach Wahl oder Durchrechnungszeitraum
Hinsichtlich des Vergleichszeitraumes fordern die Amici die Berücksichtigung der Daten der Jahre 2017 bis 2019, wobei man einzelne Jahre nach Wahl nehmen kann oder auch einen Durchschnitt über mehrere Jahre.
Das Kriterium, dass das Jahr 2019 veranlagt sein muss, muss fallen. Die Einreichung beim Finanzamt muss als Grundlage reichen.
Das Kriterium, dass (idR) das Jahr 2019 veranlagt sein muss, muss fallen. Die Einreichung beim Finanzamt muss reichen, die Dauer der Erledigung seitens des Finanzamtes liegt nicht in der Disposition des Steuerpflichtigen und kann bei der Finanzverwaltung, die aktuell auch großteils im Homeoffice arbeitet, länger dauern.
Erweiterung der Förderung aus Phase 2 um eine Fixkostenkomponente
Das Abstellen auf die Umsatzrentabilität (Gewinn in % der Einkünfte nach Steuern) des Vergleichszeitraums um damit die Höhe der Förderung 2020 zu berechnen, geht komplett an der Realität vorbei. Es wird - von konstruierten Einzelfällen abgesehen - keine Selbständigen geben, die nur variable Kosten haben. Das wären Kosten, die 1:1 mit den Erlösen steigen oder sinken. Bei einem Großteil der EPUs laufen trotz der Einnahmenausfälle die Fixkosten weiter. Es ist daher nicht sachgerecht, die Corona bedingten Umsatzausfälle mit dem Faktor der Umsatzrentabilität aus vergangenen Jahren zu multiplizieren. Die Forderung der Amici lautet hier, die Förderungen des HF2 um eine Fixkostenkomponente zu erweitern. Das könnte beispielsweise ein Zuschlag in Höhe von Euro 1.000,-- im Monat sein.
Berechnungsmodell an System der Stipendienberechnung anlehnen
Der konkrete Vorschlag der Amici für eine faire Berechnung lautet: Der Unternehmer/die Unternehmerin – der/die am besten weiß, wie sein/ihr Business läuft – schätzt ein, wie lange seine Umsätze ausfallen werden, und sucht monatlich (oder für einen bestimmten Zeitraum) um Unterstützung an. Die Höhe des Unterstützungsbedarfs wird aus den dem Finanzamt vorliegenden Zahlen aus den vergangenen veranlagten Jahren errechnet. Bei Neugründungen oder stark schwankenden Jahresergebnissen, wird der Unterstützungsbedarf vom Unternehmer geschätzt, und davon werden 80 % als unbürokratische Hilfe ausgezahlt, damit das Unternehmen weiter existieren kann. Im kommenden Jahr wird – nach Vorlage der Steuererklärung 2020 – evaluiert und nachbemessen. Sollten zu hohe Unterstützungen ausbezahlt worden sein, werden die rückgefordert. Dieses System wird bei Stipendien angewendet und hat sich bewährt.
Übernahme der SV Beiträge für das 2. Quartal 2020 – wie beim Kurzarbeitszeitmodell - durch den Staat
Beim Kurzarbeitszeitmodell bezahlt der Arbeitgeber keine SV-Beiträge für seine Angestellten, weil diese Beiträge für die Dauer der Kurzarbeit von der Regierung, also mit unser aller Steuergeld, übernommen werden. Ein-Personen-Unternehmer, Kleinstunternehmer und neue Selbständige sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einer Person, die alles tun, um auch in dieser schwierigen Situation ihren eigenen Arbeitsplatz zu erhalten, ohne in den Genuss dieser direkten finanziellen Entlastung zu kommen. Die SVS-Beiträge könnten sie in der derzeitigen Krise endgültig in den Ruin führen. Eine Stundung der SVS-Beiträge ist dabei nur eine Verschiebung des Problems nach hinten, aber keine Lösung. Zahlungen aus dem Härtefonds erfüllen nicht ihren Zweck, wenn die Betroffenen sie für die Forderungen der SVS verwenden müssen. Das käme einer Förderung der SVS durch den Staat gleich und nicht einer echten Unterstützung der im Härtefallfonds definierten Zielgruppe.
Die Amici fordern die Regierung auf, in den hier angeführten Punkten die genannten Nachbesserungen umgehend vorzunehmen und richten an die WKO den dringenden Appell, die Interessen der EPU, die mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder ausmachen, in Zukunft wesentlich engagierter und glaubhafter zu vertreten. Bis das passiert, werden die Amici sich weiterhin für die Anliegen der „Ich-AG“s stark machen und dem ständig steigenden Unmut von mehr als 300.000 EPU eine Stimme geben.
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