RA Zanger führte im Namen der Selbstständigen Musterprozess gegen SVA, denn Geringverdiener zahlen ruinös hohe Sozialversicherungsbeiträge
Wien, 23.9.13 - Heute gibt es immer mehr freiwillige und auch unfreiwillige Selbständige. Das Konstrukt der gewerblichen Sozialversicherung (SVA) allerdings stammt noch aus dem Industriezeitalter - es passt längst nicht mehr, denn die Staffelung der Sozialversicherungsbeiträge ist so konzipiert, dass Gutverdiener bevorzugt und Geringverdiener benachteiligt werden. Aber die Mehrheit aller Selbständigen von heute sind Ein-Personen-Unternehmen (EPU) oder haben max. 9 MitarbeiterInnen. Es sind JournalistInnen, Kreative, KünstlerInnen, ProgrammiererInnen, BeraterInnen, TrainerInnen uva., die als EPU eine schwache Position bei Preisverhandlungen haben.
SVA Beiträge nach unten gedeckelt - das ist teuer
Derzeit heißt es bei der SVA: Je niedriger das Einkommen, umso höher sind in der Relation die vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge. Diese können bis zu 40% des Einkommens ausmachen. Denn die Einkommensschwachen SVA-Beitragszahler, die heute die Mehrzahl der SVA-Kunden stellen, müssen Sozialversicherungsbeiträge auf Basis einer gesetzlichen Deckelung nach unten entrichten, der sogenannten Mindestbeitragsgrundlage. Gering verdienende müssen auf Basis dieser fiktiven Mindestbeitragsgrundlage mindestens 572,97 Euro pro Quartal Sozialversicherung bezahlen, sowie 20% Selbstbehalt für jeden Arztbesuch. Das ist unsozial.
SVA exekutiert Beitragszahlende
Gegen diesen Missstand wendet sich die ursprünglich in einer Facebook-Gruppe organisierte Initiative "Amici delle SVA", die Selbstständige mit und ohne Gewerbeschein vertritt. In ihrem Namen hat Rechtsanwalt Georg Zanger aktuell einen Musterprozess bis zum Verfassungsgerichtshof geführt. Diese - im Rahmen des Musterprozesses nun amtlich bestätigte - Ungleichbehandlung muss endlich geändert werden. Die SVA nimmt vielen Selbständigen die Möglichkeit, ihr Unternehmen nachhaltig aufzubauen. Absurderweise machen gesetzliche Bestimmungen dazu „das soziale Netz“ noch schnell zum Armutstreiber: 10 % der SVA-Versicherten werden von ihrer eigenen Sozialversicherung exekutiert – eine alarmierende Zahl.
Scheinselbstständigkeit vom Staat zugelassen
Für Selbstständige besteht kein Zugriff auf Schutznetze des Sozialstaates: Sie sind im Rahmen der SVA nicht arbeitslosen versichert und haben auch kein Anrecht auf Mindestsicherung. Hat der Sozialstaat Österreich diese Arbeitsform zugelassen, um sich jeglicher sozialen Verantwortung zu entledigen? Der Lohn von Angestellten ist mittels Kollektivvertrag geregelt, es existiert ein Mindesteinkommen. Selbständige (oftmals Scheinselbstständige, die für einen einzigen Auftraggeber tätig sind) haben keinen Anspruch auf Mindesteinkommen. Angestellte werden heute immer häufiger von Unternehmen gezwungen, als Selbständige für sie zu arbeiten, um Lohnnebenkosten zu vermeiden (Freie Mitarbeiter statt Angestellte, v.a. bei Journalisten und kreativen Berufen). Zumindest sollten sie von der SVA nicht unverhältnismäßig hoch belastet werden.
Forderungen der überparteilichen Bürgerinitiative Amici delle SVA:
1. Rasche Absenkung der Mindestbeitragsgrundlage in der Pensions- und Krankenversicherung.
2. Abschaffung des 20% Selbstbehalts beim Arztbesuch für Geringverdiener bis 14.000 Euro Einkommen im Jahr. Über 14.000 Euro: Einziehen eines Kostenbeteiligungsdeckels bei 5 % des Einkommens. Berücksichtigung von Kindern und PartnerInnen, die vom selbständigen Einkommen mitversorgt werden.
3. Soziale Absicherung bei längerer und somit existenzbedrohender Krankheit: Diese Forderung wurde in der Variante "Krankengeld ab dem 43. Tag für max. 20 Wochen für Unternehmer bis max. 24 Mitarbeiter mit 27.- EUR pro Tag" von der Regierung umgesetzt. Wir setzen uns dafür ein, dass in Zeiten von Krankheit eine Befreiung der SVA-Zahlungen erreicht wird, da sonst das Krankengeld umgehend wieder zurück an die SVA gezahlt werden muss. Abgesehen davon, dass die 6 Wochen davor für EPUs bereits existenzbedrohend sind.
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