Unter dem Motto „Es geht um Ihre Gesundheit, gestalten Sie die Zukunft mit!“ startet die SVA am 15. Juni erstmals eine Urbefragung ihrer Versicherten. Auf den ersten Blick eine durchaus reformwillige und kooperative Aktion, die sich in einigen Punkten, vor allem da, wo es um finanzielle Entlastungen der Geringverdiener ginge, allerdings rasch als stellenweise manipulative Alibi-Aktion entpuppt.
[Wien, 14.06.2012] Im Vorfeld der sog. „Urbefragung“ erklärte SVA-Obmann Christoph Leitl Ende Mai in einer Presseaussendung: „Um sich gezielt für die wesentlichsten Anliegen der 240.000 Ein-Personen-Unternehmen einsetzen zu können, findet im Sommer dieses Jahres die erste Urbefragung der SVA statt.“
Nun befragt die SVA alle Mitglieder, darunter auch PensionistInnen – und erhebt zwar Geschlecht und Alter, nicht aber die wesentlich relevantere Betriebsgröße. Wenn also beispielsweise ein 44-jähriger Mann antwortet, ist vollkommen unklar, ob es sich um ein EPU, einen Neuen Selbstständigen oder einen Industriellen mit 500 Angestellten handelt. Somit findet – entgegen Leitls Ankündigung – keineswegs eine spezifische EPU-Befragung statt. In den Verhandlungen von SVA und zuständigen Ministerien zur Verbesserung der Situation von Selbstständigen im SV-System im Dezember des Vorjahres, zu denen auch Mitglieder der Amici delle SVA eingeladen waren, waren bereits konkrete Maßnahmen fix geplant. Nur wenige Wochen später hat das Sparpaket alle Verhandlungsergebnisse zunichte gemacht. Die Urbefragung beginnt quasi wieder bei Null. Wie im Frageblock Nr. 1 („Die wichtigsten Servicethemen“) enthält auch Block Nr. 2 („Die wichtigsten Zukunftsthemen für Gesetzesänderungen“) neun Antworten zur Auswahl, wobei max. 3 Antworten erlaubt sind. Noch enger wird es in den Blöcken Nr. 3 und 4, wo es um die Themen „Selbstbehalt oder höhere Beiträge?“ und „Beibehaltung der einkommensorientierten Beitragsentrichtung oder stärkere Umverteilung?“ geht. Hier ist von jeweils zwei Optionen nur eine Antwort möglich
Zur Wahl zwischen Selbstbehalt vs. höhere Beiträge sagt Werner Brix, Schauspieler und Mitbegründer der Amici delle SVA; „Das ist wie wenn wir die Wahl hätten zwischen Pest und Cholera“.
Der 4. Fragenblock spielt „Arm“ gegen „Reich“ aus bzw. Selbstständige mit einem geringen Einkommen, die einen willkürlich festgelegten Mindestbeitrag bezahlten, gegen Bestverdienende, die eine fixen Höchstbeitrag bezahlen. Unternehmensberaterin und EPU-Expertin Martina Schubert dazu: "Diese Frage ist nicht eindeutig und außerdem manipulativ formuliert. Sie suggeriert, dass das jetzige System gerecht sei. Tatsache ist, dass derzeit Selbstständige mit geringen und mittleren Einkommen deutlich mehr einzahlen als die Bestverdienenden. Mit einer geeigneten Frage hätte das solidarische Empfinden unter den Versicherten erhöht werden können."
Es reicht nicht, nur vom Gesetzgeber soziale Maßnahmen zu fordern, wenn die SVA jedoch parallel dazu mit Beitragserhöhungen droht. Die Formulierung der Fragen lässt wenig konkreten Willen der SVA zur Verbesserung der Situation der Selbständigen erkennen. "Der politische Wille zu seit langem fälligen Reformen bei der sozialen Absicherung von Selbstständigen war im Dezember 2011 schon viel weiter gediehen, als er jemals nach der, am 15. Juni 2012 startenden, SVA- Urbefragung sein könnte. Ziel von Gesetzen sollte sein, die spezielle Situation von Ein-Personen-UnternehmerInnen (EPU) zu berücksichtigen," so Schubert.
Die SVA kann und muss akut verbessert werden Selbstständige brauchen faire Rahmenbedingungen, die den Gegebenheiten selbstständiger Erwerbstätigkeit gerecht werden. EPU sichern ihren Arbeitsplatz selbst und sind mit ihrem Einsatz, ihrer Flexibilität und Kreativität eine tragende Säule in der österreichischen Wirtschaft. Die überparteiliche Facebook-Gruppe „Amici delle SVA“ setzt sich für ein sozial gerechteres und zeitgemäßes SV-System für Ein-Personen-Unternehmen, Neue Selbstständige und Kleinstbetriebe ein. Ziel dieser basisdemokratischen Initiative ist die Umsetzung von 10 konkreten Punkten, die in einer Petition, die bis 30.6.2012 läuft, gefordert sind (siehe www.amicidellesva.com oder www.fofos.at ) Zudem stehen Mitglieder der „Amici delle SVA“ seit über einem halben Jahr im Dialog mit Verantwortlichen aus SVA, WKO, Sozial-, Gesundheits- und Finanzministerium. „Wo der Schuh drückt“, um WKO-Präsident und SVA-Obmann Christoph Leitl zu zitieren, ist seit geraumer Zeit und detailliert bekannt.
SVA-Urbefragung: 15. Juni bis 30. September Der Fragebogen wird allen 500.000 SVA-Versicherten per Post zugeschickt, den sie bis zum 30. September beantworten können.
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